Wegschauen | Geistlicher Impuls | 12.10.2022

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In einem bayerischen Ort ist ein Mann offenbar nach einem tödlichen Unfall auf einer Straße liegen gelassen worden. Passanten hatten den 56-Jährigen mit schweren Verletzungen auf der Fahrbahn gefunden. Ein Notarzt hat nur noch seinen Tod feststellen können. Die Beamten suchen nun nach Zeugen.

Ich bin – wie Sie wahrscheinlich auch – fassungslos, wenn ich eine solche Nachricht höre. Seit langem habe nicht nur ich den Eindruck, dass unsere Gesellschaft immer rauer, rücksichtsloser, kälter und unbarmherziger wird. 

Gewalttaten haben tatsächlich zugenommen, Psychologen begründen das mit mangelndem Respekt dem anderen gegenüber. Dabei spielen möglicherweise auch die ungehinderte mediale Verbreitung von Brutalitäten und Gewaltspielen eine Rolle. 

Respekt – also Achtung und Wertschätzung des Menschen, den ich vor mir habe. Eine Grundhaltung, die man eigentlich im frühesten Kindesalter vermittelt bekommt. Daran scheint es häufig zu mangeln.

Ein Mensch mit Respekt empfindet auch Verantwortung gegenüber seinem eigenen Handeln. Er hat ein Gefühl dafür, wann er schuldig geworden ist – gerade, wenn die Folgen seines Handelns derart schrecklich sind, wie in dem beschriebenen Unfall. Wie auch immer es geschehen ist, welche Umstände auch immer hinzukamen – für dein Handeln musst du die Verantwortung übernehmen. 

Was wünsche ich mir für den Unfallverursacher? Natürlich muss er gefunden werden und sich juristisch dafür verantworten. Das verlangt unsere Rechtsordnung und unser Verstand – auch im Hinblick auf die betroffenen Angehörigen.

Kann oder muss ich als Christ in diesem Zusammenhang an Vergebung denken? Es fällt sehr schwer. Dennoch bin ich dazu aufgerufen, immer wieder für Umkehr, Neuanfang und Vergebung einzustehen. 

„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ Dieses biblische Gebot ist nicht umsonst Grundlage der christlichen Ethik. Es schließt ein, dass ich verantwortlich bin für das, was ich tue. Und zugleich mahnt es mich, immer wieder bereit zu sein, mich mit dem anderen zu versöhnen. 

Aber zurück zur Eingangsgeschichte. Ich glaube, dass viele (…) durch diese Nachrichtennotiz aufgeschreckt wurden. Einen Verletzten einfach liegen lassen – das geht doch nicht, da sind sich die meisten einig. Schauen Sie nicht weg, wo Hilfe nötig ist. 

Ihr Mathias Laminski, leitender Pfarrer der Pfarrei St. Josef Treptow-Köpenick


Bild: Peter Weidemann
In: Pfarrbriefservice.de

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