Wir leben in einer Welt, in der Stärke, Leistung, Erfolg immer deutlicher dominieren. Um jemand zu sein, um etwas zu bedeuten, muss man gut ankommen – am besten überall. Gleichzeitig aber leidet der moderne Mensch immer mehr unter Einsamkeit, Depressionen, wird immer schneller ausgebrannt, denn die Zerbrechlichkeit unseres Wesens kann man nicht einfach verleugnen, abstellen. Was den Menschen ausmacht, ist durchaus gegensätzlich und nur in diesem Gegensatz ist der Mensch wirklich Mensch. Wir können vieles erreichen, wir besitzen die wunderbaren Fähigkeit kreativ, schöpferisch zu sein, gleichzeitig sind wir abhängig – von dieser Welt und deren Elementen, von Beziehungen und eben den eigenen Grenzen. Die offensichtlichste Grenze unseres Daseins ist die kurze Zeitspanne unserer irdischen Existenz. Nicht zufällig ist das Kreuz für die Christen ein Symbol, noch mehr, ein Ort der Erlösung. Denn Gott ist aus Liebe zu dem Menschen ebenfalls zerbrechlich geworden, damit der Mensch sich wieder findet, wenn es scheint, alles verloren zu haben. Die Erkenntnis, die Annahme der eigenen Begrenztheit – und das völlig unabhängig vom Glauben – verändert die Sicht auf das Leben, auf das eigene Ich und lehrt das Leben als Gabe zu sehen und daraus resultiert tiefe Dankbarkeit. Es ist sehr befreiend nicht immer alles können zu müssen, sondern zu empfangen. Das Leben ist so zerbrechlich, deswegen so kostbar.
Ihr Pfarrvikar Leszek Bartuzi
Bild: Kintsugi-Schale (Ruthann Hurwitz, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)
Kintsugi ist eine japanische Tradition. Gebrochene Keramikgefäße werden mit Goldlack zusammengesetzt, um zu verdeutlichen, dass die Brüche das Gefäß noch wertvoller werden lassen.