Lebensbeichte | geistlicher Impuls | 12.07.2023

Lebensbeichte | geistlicher Impuls | 12.07.2023

Lungenkrebs im Endstadium habe er, sagte mir der Herr am Telefon und er wünsche sich einen Priester zur Beichte. Wir vereinbarten einen Termin und ich fuhr hin. Sehr schnell kamen wir zur Sache. 

Es gibt nichts „drumherum“ zu reden, bei einer Krankheit wie dieser. Metastasen hatten sich längst im ganzen Körper ausgebreitet.

Sehr reflektiert erzählte mir Herr … aus seinem Leben. Kindheit und Jugendzeit in Bayern waren alles andere als leicht. Er nahm sich vor, zu studieren, ging aus Bayern weg nach Österreich, dann zu „Wendezeiten“ um 1990 herum nach Berlin. Er wollte dabei sein beim Wandel der zu dieser Zeit interessantesten Stadt der Welt: Berlin. Die Mauer war gefallen und für viele eröffneten sich neue Perspektiven in vielerlei Hinsicht.

Er gründete eine Firma, trat aus der Kirche aus, begann weit weg von seiner Heimat Bayern und Österreich ein neues Leben. Kirche passte hier in Berlin auch nicht mehr zu seinem Leben. Viel Unglaubwürdigkeit machte sich zudem schon damals breit. „Wasser predigen und Wein trinken“ war seine Sache nicht. Und davon hatte er die Nase voll. Pfarrer ertrug er nur noch schwerlich. In den Gemeinden traf er zudem zu viele Leute, die einfach nicht passten. Er suchte die intellektuelle Auseinandersetzung, wollte sich reiben und diskutieren. Aber wo gibt es das schon noch, zu reden und zu diskutieren ohne Vorurteile.

Ich hörte ihm 2 Stunden zu und war platt, wie reflektiert er sein Leben betrachtete und wie gewählt seine Worte waren. Er wollte einfach Frieden mit Vielem schließen.

Trotz seines Kirchenaustritts wollte er, dass ein katholischer Priester ihm den Segen gab und die ihm am Ende eines Lebens üblichen Gebetsriten vollzog. Natürlich, für mich ist ein Kirchenaustritt zwar traurig, aber kein Grund, einem Menschen den Segen zu verweigern. So beteten wir gemeinsam und ich verabschiedete mich.

Im Herzen blieb mir dieser eindrucksvolle Mensch, der sich von der Kirche entfernte, aber doch dem Glauben so nahe blieb. Mich ließen diese Stunden sehr nachdenklich zurück und ich nahm mir vor, aufmerksamer gegenüber den Menschen zu sein, die ihr Leben leben, ob mit den christlichen Kirchen oder ohne…

Ich wünsche Ihnen allen einen angenehmen Tag.
Mathias Laminski, leitender Pfarrer der Pfarrei St. Josef Treptow-Köpenick


Bild: Markus Weinländer
In: Pfarrbriefservice.de

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