Impuls für den Tag – 27.05.2020 – Frischluft für die Seele

Impuls für den Tag – 27.05.2020 – Frischluft für die Seele

Liebe Gemeinde,

in den letzten Tagen wurde in den Schlagzeilen erneut vom Virologen Christian Drosten, mittlerweile ja von einigen als „Corona-Papst“ bezeichnet, bekräftigt, wie wichtig regelmäßiges Lüften für die Bewegung und Verringerung der in der Luft schwebenden Coronavirus-Teilchen in der Raumluft ist. Wenn Menschen atmen und sprechen, gelangen die Viruspartikel von evtl. infizierten Personen in die Luft und können dort relativ lange schwebend verbleiben. Umso wichtiger ist es, laut der Einschätzung der Experten, die Raumluft regelmäßig zu bewegen und auszutauschen, um die Viruslast und die damit verbundene mögliche Ansteckungsgefahr zu verringern. Auf gut Deutsch heißt das: man soll überdurchschnittlich häufig frische Luft reinlassen.

Durchlüften macht nicht nur in Zeiten eines grassierenden Virus Sinn, sondern tut erfahrungsgemäß auch sonst gut. Wenn man „frische Luft“ googelt, stößt man schnell auf Treffer, die etwa überschrieben sind mit: „Darum ist frische Luft gesund“, „5 Gründe, warum frische Luft so gut für uns ist“, „5 SOS-Tipps für Sofort-Entspannung im Alltag“, „Stress lass nach! Die besten 10 Tipps zum Entspannen“. Offenbar ein wahres Wundermittel für Gesundheit und Entspannung, die frische Luft! Umso ironischer, wenn man bedenkt, dass das Coronavirus besonders die Lungen befällt.

Aber nicht nur bezogen auf das körperliche Befinden, sondern auch auf die geistige und geistliche Frische kann man einen Blick auf die (frische) Luft werfen. Schon Papst Johannes der XXIII. wollte durch die Einberufung des II. Vatikanischen Konzils (1962-1965) „frische Luft“ in die Kirche einlassen. Es scheint, als wäre die Kirche hier einmal der Vorreiter, denn seit 55 Jahren versucht sie nun schon durchzulüften und immer noch ist da „Luft nach oben“!

Im (geistlichen) Alltagsleben kann es wichtig sein, sich immer mal wieder einem frischen Wind auszusetzen, sich nicht nur den Kopf, sondern auch die Seele „durchpusten“ zu lassen. Eines der vorgeschlagenen Tagesgebete des Messbuches der Kirche lautet:Gott, du bist da. Deine Gegenwart umhüllt und durchdringt uns wie die Luft, die wir atmen, ohne die wir nicht leben können. […]“ Der heilige Geist, den wir jetzt kurz vor Pfingsten besonders erwarten und erbitten, wir häufig mit „Atem Gottes“ angesprochen (Gen 1,2) oder mit Wind assoziiert: „Der Geist weht, wo er will“ (Joh 3,8). Das liegt nahe, denn das hebräische Wort rûaḥ (רוּח), das z.B. in der Schöpfungsgeschichte verwendet wird, wenn der „Geist Gottes über dem Wasser“ schwebt, bedeutet wörtlich übersetzt auch „Wind“ oder „Atem“. Der Prophet Elija erlebt den Geist Gottes zwar nicht im Sturm, aber im „leisen, sanften Säuseln“ (1 Kön 19,12), im Johannesevangelium haucht Jesus die Jünger mit seinem Atem an und sagt: „Empfangt den Heiligen Geist!“ (Joh 20,22).Dafür kommt an Pfingsten „plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt“ (Apg 2,2).

Gott ist da. Er umgibt uns wie die Luft, die wir atmen, ohne die wir nicht leben können. Er ist der frische Wind für unsere Gedanken, für unsere innere Landschaft, die wir durch unser Leben ins Außen bringen. Er ist, wie jeder Windstoß und jeder Atemzug immer wieder neu.

Vielleicht haben Sie Gelegenheit, heute besonders auf die Luft und den Wind Acht zu geben. Vielleicht möchten Sie sie/ihn mit allen Sinnen wahrnehmen?

  • Sehen: was wird durch die Luft/einen Luftzug alles bewegt?
  • Fühlen: wie fühlt sich Luft/Wind auf meiner Haut oder in meinem Haar an?
  • Hören: wie laut weht der Wind? Oder welche Geräusche bringt die Luft an mein Ohr?
  • Riechen: welche Gerüche nehme ich durch die Atemluft in meiner Nase wahr?
  • Schmecken: Können Sie Luft auf Ihren Lippen schmecken? Oder erinnern Sie sich, wie sie an einem Tag am Meer anders schmeckte?

So nah möchte uns Gott kommen: Dass wir ihn mit allen Sinnen suchen und erleben, dass wir mit ihm zusammen unser Leben verbringen.

Einen sonnigen Tag, an dem Sie die Luft, die Sie „umhüllt und durchdringt“ besonders wahrnehmen, wünscht Ihnen,

Magdalena Kiess
Pastoralassistentin

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