Der für mich persönlich der schönste Heiligengedenktag nach Neujahr:
Am 2. Januar gedenkt die orthodoxe Kirche des Heiligen Seraphim von Sarow.
In einer dunklen, mondlosen Nacht treffen sich zwei Christen im Schnee. Ein Pilger hat einen Einsiedler namens Seraphim aufgesucht, um ihm seine ihn nicht loslassende Frage nach dem Sinn des christlichen Lebens zu stellen. … Was unterscheidet mich als Christ von den anderen Menschen der Welt? … Sie tun alle Gutes, üben ziemlich alle Werke der Nächstenliebe und Gerechtigkeit. Was mach mich als Christ aus? Wo ist der Unterschied als Christ zu leben? In die Kirche gehen, die Gebote halten? …
„Schneeflocken fielen dicht vom Himmel, als Vater Seraphim sein Gespräch mit mir auf einem Feld begann, das an seine nahe Einsiedelei angrenzte, gegenüber dem Fluss Sarovka, am Fuße des Hügels, der zum Flussufer abfällt. Er setzte mich auf den Stumpf eines Baumes, den er gerade gefällt hatte, und er selbst hockte sich mir gegenüber. …
Also, im Erlangen dieses Heiligen Geistes besteht das wahre Ziel unseres christlichen Lebens, und Beten, Wachsein, Almosengeben und andere für Christus verrichteten guten Werke sind eben nur Mittel zum Erlangen des Heiligen Geistes.” …
Jede Tugend also, die für Christus geübt wird, schenkt uns die Gnade des Heiligen Geistes. Aber am meisten vermag doch das Gebet, das immer in unsern Händen liegt wie ein Werkzeug zum Erlangen der Geistesgnade. Zum Beispiel, Ihr wollt in eine Kirche gehen, aber es ist keine Kirche in der Nähe, oder der Gottesdienst ist schon zu Ende; Ihr wollt einem Armen ein Almosen geben, aber es ist kein Armer zugegen, oder Ihr selber habt nichts; Ihr möchtet Euch die Keuschheit bewahren, aber Eure Natur lässt es nicht zu, und Ihr habt keine Kraft, den Versuchungen zu widerstehen; Ihr wollt irgendein anderes gutes Werk um Christi willen vollbringen, aber auch hierzu fehlen Euch die Kräfte, oder Ihr findet keine Gelegenheit, die dafür passend wäre.
Beim Gebet ist das nicht so. Zu jeder Zeit und für jeden Menschen gibt es eine Möglichkeit: für den Reichen und für den Armen, für den Vornehmen und für den Niedrigen, für den Starken und für den Schwachen, für den Gesunden und für den Kranken, für den Frommen und für den Sünder. Gewaltig ist die Kraft des Gebets, denn stärker als alles zieht es den Heiligen Geist herab, und wie einfach ist es doch für jeden, es darzubringen. Im Gebet werden wir gewürdigt, uns mit unserm Allgütigen, unserm Heilbringenden Gott und Erlöser unterhalten zu dürfen. Aber nur so lange sollen wir beten, bis der Heilige Geist auf uns herabgekommen ist in dem Maß seiner himmlischen Gnade, wie er für uns für gut befindet; dann gebührt es sich, dass wir das Beten beenden.”
Ein gesegnetes und gnadenreiches Jahr 2024 wünscht Ihnen Kaplan Thomas Kaiser