Liebe Gemeinde,
in den letzten sieben Adventstagen vor dem Heiligen Abend, also vom 17. bis 23. Dezember, beten wir in der katholischen Liturgie die so genannten O-Antiphonen zum Magnificat in der Vesper. Sie beziehen sich auf messianische Titel, die sich im Alten Testament finden:
17.12.: O sapientia: Oh Weisheit
18.12.: O Adonai : Oh Herr
19.12.: O radix Jesse: Oh Wurzel Jesse
20.12.: O clavis David: Oh Schlüssel Davids
21.12.: O oriens: Oh Morgenstern
22.12.: O rex gentium: Oh König aller Völker
23.12.: O Immanuel: Oh Immanuel
Am heutigen Mittwoch besingen wir also Christus als „König aller Völker“. Die Geschichte dieses Titels ist – wie bei den anderen Zuschreibungen auch – eine lange und traditionsreiche. Wir haben als Pfarrei mit einer Kirche „Christus König“ natürlich einen ganz besonderen Bezug zu diesem Hoheitstitel Jesu.
Die hebräische Bibel bezeichnet den Gott JHWH nicht nur als Schöpfer der Welt, sondern ebenso an mehreren Stellen als König (z.B. Jes 6,5, Ps 93). Der alttestamentlich erwartete Messias ist ein priesterlicher und königlicher Heilsmittler (Jer 33,14–26), der am Ende der Zeit ein Reich des ewigen Friedens errichten wird (Ps 2,6–8, Ps 72). Als Christen glauben wir, dass Jesus Christus der Messias ist, durch den dieses Reich des Friedens, der Liebe und Gerechtigkeit schon jetzt auf dieser Welt anbrechen kann. Christus ist für uns der „Herrscher über die Könige der Erde“ (Offb 1,4) und „König der Könige und Herr der Herren“ (Offb 19,16). Er gilt als direkter Nachkomme des israelitischen Königs David (Mt 1,1.6), was ihm zusätzlich in Bezug auf die Thronfolge eine gewisse Berechtigung gibt: Die Weisen finden den neugeborenen „König der Juden“ in Bethlehem, der Herkunftsstadt Davids (Mt 2,2.11). Und schon in der Verkündigungsszene sagt der Engel über Jesus: „Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben.“ (Lk 1,32–33).
Im Neuen Testament lesen wir außerdem in Mt 25,31-40, dass sich Jesus selbst als König bezeichnet. Bei seiner Verurteilung sagte er: „Ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege“, aber fügt hinzu: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt“ (Joh 18,36–37).
Der Königstitel Jesu soll die Königsherrschaft Gottes betonen, jedoch in einem anderen Verständnis von Macht, als wir es in Bezug auf weltliche Herrscher haben. Seine ärmliche Geburt im Stall, sein Leiden und Sterben passen so gar nicht zu dem, was wir unter einer glamourösen Königskarriere verstehen. Nach menschlichen Maßstäben ist die Königsherrschaft Jesu Christi reine Ironie: ein „König, dem zu dienen König sein bedeutet“, wie es das Zweite Vatikanische Konzil in Lumen Gentium ausdrückt.
Was bedeutet so ein Gottesbild für unser Leben, unseren Alltag, unser Weihnachtsfest?
In der Taufe werden wir alle selbst zu KönigInnen, PriesterInnen und ProphetInnen gesalbt und uns wird die Gabe des Geistes gespendet. Wir stehen damit in direkter Nachfolgeschaft Jesu. Deswegen sagt man auch, wenn man das Taufkleid anzieht/angezogen bekommt: Du hast Christus angezogen. Wir haben durch die Taufe Anteil an den Ämtern Christi – auch am KönigInnen-Titel. Dadurch sind wir berufen, aus dem gleichen Geist wie Jesus zu leben, zu handeln und zu wirken.
Feiern wir also übermorgen die Geburt des Königs, dessen Ziel es ist, Liebe, Frieden und Gerechtigkeit in die Welt zu bringen und machen wir durch unser eigenes Handeln dieses Königtum schon jetzt in unserem Alltag sichtbar und spürbar!
Ich wünsche Ihnen – trotz aller Unannehmlichkeiten – ein freudvolles Fest.
Herzlich, Ihre Magdalena Kiess
Bild: Katharina Wagner
In: Pfarrbriefservice.de