Wenn am heutigen Sonntag das Fest Christi Himmelfahrt einige Tage zurückliegt, lässt sich fragen, was mit diesem Fest als Höhepunkt seinen vorläufigen Abschluss fand. Es ist das Ereignis der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. Dazu heißt es, dass im Menschen Jesus wir Menschen das Wesen Gottes sehen und erfahren konnten. Was wir im Menschen Jesus sehen ist die Erniedrigung Gottes. Alleine das Menschwerden Gottes ist eine Selbsterniedrigung für einen allmächtigen Gott. Dies gilt erst recht dafür, sich beschimpfen und anfeinden zu lassen, wie wir es über den Menschen Jesus in zahlreichen Schriftworten lesen. Seinen Höhepunkt findet die Erniedrigung, wie es der sog. Philipperhymnus so treffend beschreibt, im Tod am Kreuze.
Als das Wesen Gottes, das wir Menschen im Menschen Jesus erfahren, zeigt sich also die Erniedrigung. Bedacht dass wir als Christen dem Beispiel Jesu Christi folgen sollen sind wir demnach aufgefordert uns selbst sogar bis zum Tod zu erniedrigen. Ich tue mich sehr schwer damit. Eine solche Lehre würde auch den Vorwurf berechtigen, dass Christen das Leid suchen, dem menschlichen Wohlbefinden feindselig gegenüberstehen und den Tod glorifizieren. Nichts davon kann für mich im christlichen Sinne richtig sein. Wenn ich mich schwer tue mich selbst zu erniedrigen, bin ich aber noch nicht am christlichen Anspruch gescheitert. Es ist noch nicht das Gegenteil von christlich. Das Gegenteil von christlich wäre die Selbsterhöhung.
So fremd uns Menschen die Selbsterniedrigung ist, umso weniger fremd ist uns leider die Selbsterhöhung und die Erniedrigung anderer. Beides oft im direkten Zusammenhang. Dies gilt vor allem dann, wenn wir Christen uns zur Frage von Recht und Unrecht äußern. Solche Äußerungen bergen immer die Gefahr, dass wir uns damit selbst erhöhen und oft im gleichen Zug den anderen, den, den wir im Unrecht wähnen erniedrigen. Es ist allerdings auch keine Option für uns Christen uns zu Recht und Unrecht gar nicht mehr zu äußern. Hier kann es helfen zu fragen was wir, über die Benennung von Recht und Unrecht hinaus in solchen Situationen wirklich tun. Möchte ich mit der Benennung eines Unrechts die Stimme der Opfer dieses Unrechts erheben? Möchte ich, dass derjenige der Unrecht tut um seiner selbst Willen besser handelt? Oder möchte ich mich selbst ins Recht setzen und damit erhöhen? Möchte ich sogar einen anderen ins Unrecht setzen und damit erniedrigen.
Diese Frage der Haltung hinter einer Handlung betrifft auch den für uns Gläubige ganz elementaren Bereich des Betens. Ist mein Beten ein vor Gott treten als Bittender, also das Anerkennen einer gegenüber Gott niedrigen Position? Oder ist es eine Selbsterhöhung, in dem ich allen Zeige wie Fromm ich bin?
So schwer ich mich selbst mit dem Selbsterniedrigen tue und erst recht damit, dazu aufzurufen, so vielversprechend ist für mich der Vorsatz, zumindest die Erniedrigung anderer zu unterlassen und sich im Sinne der Selbsterniedrigung Christi zumindest nicht selbst zu erhöhen. Mit diesem Vorsatz habe zumindest ich fürs erste genug zu tun und es wäre viel gewonnen, wenn diese Haltung unser Leben miteinander prägen würde.
Daniel Tinten