Und, Mensch, was nun?
Von Entscheidungen und ihren Folgen
Liebe Gemeinde,
hier lang oder dort hin, welchen Weg schlage ich ein? Das oder doch lieber jenes, was ist für mich das Richtige? Jetzt oder doch lieber später, was ist der geeignete Zeitpunkt?
20.000 Entscheidungen trifft ein Mensch laut Verhaltensforschung pro Tag. Die meisten unterbewusst oder aus routinierten Gewohnheiten. Andere spontan aus dem Bauch, aus Lust oder wohl und lange vernünftig überlegt. „Das Leben ist die Summe all unserer Entscheidungen“, sagt Albert Camus und tatsächlich sind manche Entscheidungen wie Weichenstellungen in unserem Leben.
Das heutige Evangelium handelt von so einer weitreichenden Entscheidung. Judas Iskariot, einer der 12 Jünger Jesu und damit einer seiner engsten Vertrauten, entscheidet sich, zu den Hohepriestern des Jerusalemer Tempels zu gehen und sich zu erkundigen: „Was wollt ihr mir geben, wenn ich euch Jesus ausliefere?“ Sie bieten ihm 30 Silberstücke, etwa ein bis zwei Monatslöhne, und Judas entscheidet sich, das Angebot anzunehmen: „Von da an suchte er nach einer Gelegenheit, ihn auszuliefern.“
Judas‘ Entscheidung hatte Konsequenzen. Sie betraf ihn selbst, sie betraf Jesus, sie betraf viele Menschen seiner Zeit und sie betrifft Christen bis heute.
Im Laufe der Geschichte haben Menschen unterschiedliche Entscheidungen getroffen, wie sie Judas gegenüber stehen. Für manche war er der Inbegriff eines Menschen, von dem das Böse Besitz ergriffen hat. Andere verachteten ihn wegen seiner Schwäche, seiner Gier, seiner Scheinheiligkeit, seiner Untreue. Für wieder andere musste er so handeln, damit sich die Schrift erfüllt. Für sie ist sein Handeln heilsnotwendig.
Die Figur des Judas und seine Entscheidung gegen Jesus ist eine Herausforderung. Sie konfrontiert uns mit den eigenen Entscheidungen gegen Gott zugunsten von Gier, Neid, Scheinheiligkeit, Inkonsequenz, Untreue – alles allzu menschliche Eigenschaften. Sie konfrontiert uns damit, dass unsere Entscheidungen Folgen haben.
Die Fastenzeit lädt zur Reflexion ein, welche Entscheidungen uns eher wegbringen von einem Leben mit Gott. Denn eine Definition von Sünde ist das Entferntsein von Gott, eine Entscheidung gegen Gott. Anders ausgedrückt: das Entferntsein von der Liebe, eine Entscheidung gegen die Liebe, nicht aus der Liebe heraus getroffen, nicht der Liebe dienlich.
Die gute Nachricht, dass uns durch Jesu unschuldigen Tod alle Entscheidungen gegen die Liebe vergeben sind, ist ein Höhepunkt der christlichen Botschaft: Wir können nochmal umdrehen und uns wieder neu entscheiden. „Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind, und dass Gott es nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden als mit unseren vermeintlichen Guttaten“, schreibt Dietrich Bonhoeffer in Widerstand und Ergebung. Diese Hoffnungsperspektive darf, je näher das Osterfest rückt, immer präsenter werden und uns ermutigen, uns so oft es geht für die Liebe zu entscheiden – zu Gott, zu unseren Mitmenschen, zur Schöpfung und zu uns selbst.
Ihre Magdalena Kiess, Pastoralassistentin
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