In den letzten Tagen des Kirchenjahres hören wir in den Lesungen oft aus dem Buch der Offenbarung des Johannes.
Der frühchristliche Prophet Johannes, der nach theologischer Auffassung nicht identisch ist mit dem Verfasser des Johannesevangeliums, berichtet uns in düsteren Visionen, voller Symbolkraft vom Ende unserer Welt und dem Anbrechen einer lichtdurchfluteten neuen Welt, dem „himmlischen Jerusalem“.
Viele bildende Künstler haben sich von diesen Visionen zu fantastischen Kunstwerken, Gemälden, Kirchenausmalungen usw. inspirieren lassen. Wegen Ihrer Originalität sind besonders die Bilder des Niederländers Hieronymus Bosch (1450-1516) bis heute berühmt. Auch die von Antoni Gaudí (1852-1926) entworfene Kirche La Sagrada Familia in Barcelona (Bild vom Innenrqaum), die bis heute baulich nicht vollendet werden konnte, greift Motive aus der Offenbarung auf, aber eben nicht die finsteren Visionen vom Weltenende, sondern die vom himmlischen Jerusalem.
In der Musik ist das Oratorium „Das Buch mit sieben Siegeln“ (1937 entstanden) von Franz Schmidt (1874-1939) einigermaßen bekannt geworden, aber auch andere Kirchenmusikkomponisten haben sich mit der Apokalypse beschäftigt (bspw. Olivier Messiaen (1908-1929) in seinen Orgelwerken).
In einem Orgelkonzert, dass ich in der Kirche St. Marien in Reinickendorf einmal am Ende eines Kirchenjahres gespielt habe, habe ich „Meditation über Visionen aus der Offenbarung des Johannes“ improvisiert und versucht Klangbilder für die prophetischen Berichte zu finden. Mich fasziniert, wie in diesen Visionen, das Brutale, das Chaos sich in eine göttliche neue und „reine“ Ordnung transformiert. Dieser Transformation wollte ich musikalisch nachspüren.
Eine Aufnahme dieser Improvisation, können Sie hier hören:
Lesen Sie gern beim Zuhören die entsprechenden Abschnitte aus der Offenbarung:
I Die Beauftragung des Johannes
Ich, euer Bruder Johannes, der wie ihr bedrängt ist, der mit euch an der Königsherrschaft teilhat und mit euch in Jesus standhaft ausharrt, ich war auf der Insel Patmos um des Wortes Gottes willen und des Zeugnisses für Jesus. Am Tag des Herrn wurde ich vom Geist ergriffen und hörte hinter mir eine Stimme, laut wie eine Posaune. Sie sprach: Schreib das, was du siehst, in ein Buch und schick es an die sieben Gemeinden: nach Ephesus, nach Smyrna, nach Pergamon, nach Thyatira, nach Sardes, nach Philadelphia und nach Laodizea.
II Die erste Posaune
Dann machten sich die sieben Engel bereit, die sieben Posaunen zu blasen.
Der erste Engel blies seine Posaune. Da fielen Hagel und Feuer, die mit Blut vermischt waren, auf das Land. Es verbrannte ein Drittel des Landes, ein Drittel der Bäume und alles grüne Gras.
III Die vierte Posaune
Der vierte Engel blies seine Posaune. Da wurde ein Drittel der Sonne und ein Drittel des Mondes und ein Drittel der Sterne getroffen, sodass sie ein Drittel ihrer Leuchtkraft verloren und der Tag um ein Drittel dunkler wurde und ebenso die Nacht.
IV Die siebte Posaune
Der siebte Engel blies seine Posaune. Da ertönten laute Stimmen im Himmel, die riefen: Nun gehört die Herrschaft über die Welt unserem Herrn und seinem Gesalbten; und sie werden herrschen in alle Ewigkeit.
Und die vierundzwanzig Ältesten, die vor Gott auf ihren Thronen sitzen, warfen sich nieder, beteten Gott an. …
Der Tempel Gottes im Himmel wurde geöffnet und in seinem Tempel wurde die Lade seines Bundes sichtbar: Da begann es zu blitzen, zu dröhnen und zu donnern, es gab ein Beben und schweren Hagel.
V Die neue Welt Gottes
Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist nicht mehr.
Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat.
Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. …
Und es kam einer von den sieben Engeln. … Er sagte zu mir: Komm, ich will dir die Braut zeigen, die Frau des Lammes.
Da entrückte er mich in der Verzückung auf einen großen, hohen Berg und zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, wie sie von Gott her aus dem Himmel herabkam, erfüllt von der Herrlichkeit Gottes. Sie glänzte wie ein kostbarer Edelstein, wie ein kristall-klarer Jaspis.
Die Stadt hat eine große und hohe Mauer mit zwölf Toren und zwölf Engeln darauf. Auf die Tore sind Namen geschrieben: die Namen der zwölf Stämme der Söhne Israels. …
Ihre Mauer ist aus Jaspis gebaut und die Stadt ist aus reinem Gold, wie aus reinem Glas. Die Grundsteine der Stadtmauer sind mit edlen Steinen aller Art geschmückt; der erste Grundstein ist ein Jaspis, der zweite ein Saphir, der dritte ein Chalzedon, der vierte ein Smaragd, der fünfte ein Sardonyx, der sechste ein Sardion, der siebte ein Chrysolith, der achte ein Beryll, der neunte ein Topas, der zehnte ein Chrysopras, der elfte ein Hyazinth, der zwölfte ein Amethyst. Die zwölf Tore sind zwölf Perlen; jedes der Tore besteht aus einer einzigen Perle. Die Straße der Stadt ist aus reinem Gold, wie aus klarem Glas. Einen Tempel sah ich nicht in der Stadt. Denn der Herr, ihr Gott, der Herrscher über die ganze Schöpfung, ist ihr Tempel, er und das Lamm.
Die Stadt braucht weder Sonne noch Mond, die ihr leuchten. Denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie und ihre Leuchte ist das Lamm. …
Ihre Tore werden den ganzen Tag nicht geschlossen – Nacht wird es dort nicht mehr geben.
Es grüßt Sie
Tobias Segsa, Pfarreikirchenmusiker