Europa | Geistlicher Impuls | 05.06.2024

Europa | Geistlicher Impuls | 05.06.2024

Wahlen zum Europaparlament

„Ich gehe nicht zur Wahl. Die sind doch alle gleich und machen was sie wollen.“ Mit „die“ sind natürlich „die Politiker“ gemeint. So oder ähnlich höre ich es oft, wenn wieder mal Wahlen wie am kommenden Sonntag Wahlen zum Europäischen Parlament anstehen.

Ich erinnere mich, wie ich in den 80iger Jahren als Jugendlicher auf der Ostseite am Brandenburger Tor stand und sehnsuchtsvoll in den freien Westen schaute…und wie eingesperrt ich mich im Osten fühlte.

Ich bin nach den vielen Jahren in unserer freiheitlichen Demokratie immer noch unendlich dankbar für den Mauerfall und für unsere Demokratie!

Manche sagen mir hier heute, dass man nicht mehr frei sagen könne, was man wolle. Richtig! Man kann nicht alles und jeden Unsinn „herausplautzen“ und publizieren. Unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung mit ihrer Verfassung setzt einen Rahmen. Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus deckt unsere Verfassung eben nicht. Richtig so.

Und wenn es heißt, dass „die da oben sowieso machen, was sie wollen“, ist das natürlich auch Unsinn.

Warum engagieren sich nicht mehr Menschen – auch aus unseren Kirchengemeinden – in der Politik und in Vereinen und in Organisationen? Hier, in diesem Land kann das jeder tun. Wo geht das sonst noch in der Welt?!

Im Grunde hängt es heutzutage ja auch von mir persönlich ab, ob und wie ich mich engagiere. Das kann ich in einer politischen Partei, das kann ich auch in der Kirche. Sicher, es ist mühsam und oft nicht von schnellem Erfolg gekrönt, aber ich habe die Wahl.

Auch für meine katholische Kirche gilt vielfach der Einspruch: Was kann ich schon ändern? Es bleibt ja doch alles, wie es ist. Da wird zwar nach vorn gedacht und an den Strukturen gerüttelt, und doch ahnt man schon, dass mancher Weg in einer Sackgasse enden wird. Das ist frustrierend.

Ich erinnere mich gern an einen Papst, den man eigentlich nur so als Übergangspapst wählte und von dem man nichts Großes erwartete: den Patriarchen von Venedig. Er war schon nicht mehr der Jüngste und auch etwas kränklich, als er gewählt wurde. Der würde alles beim Alten belassen…

Aber kaum im Amt, sagte dieser sympathische, rundliche alte Mann als Papst Johannes XXIII.: „So, Leute, jetzt machen wir mal die Fenster dieser alten verstaubten Kirche ganz weit auf. Lassen wir Luft rein in den Mief.“

Das II. Vatikanische Konzil hat dann in den folgenden Jahren viele Neuerungen beschlossen.

Manchmal braucht es Mut, einfach anzufangen, sich nicht mit dem Alten abzufinden, Verantwortung zu übernehmen, sich zu engagieren in einem Verein, in der Politik oder in der Kirche.

Am kommenden Sonntag, den 9.6.24 sind Wahlen zum Europäischen Parlament. Ich gehe auf jeden Fall wählen und habe auch die Freiheit diese oder jene Partei zu wählen. Für mich gilt immer „Pro-Europa!“ als Grundentscheidung.

Mathias Laminski, Pfr.

 

Beitragsfoto: Pfarreireise 2024 nach Belgien. Besuch im Brüsseler Europaparlament

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